Angesichts der steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen und des akuten Mangels an Personal und finanziellen Mitteln berät das Kabinett heute über einen Bericht zur nachhaltigen Finanzierung der Pflege. Kritiker befürchten jedoch, dass dringend notwendige Reformen weiter verschleppt werden könnten.
Falsche Zahlen von Gesundheitsminister Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, bekannt für seine akribische Arbeitsweise, sorgte kürzlich für Aufsehen mit der Aussage, die Zahl der Pflegebedürftigen sei „explosionsartig“ gestiegen. Er sprach von einem Zuwachs von über 360.000 Fällen im vergangenen Jahr und stellte diese Zahl dem demografisch erwarteten Zuwachs von rund 50.000 Personen gegenüber. Die Krankenkassen stellten jedoch klar, dass die Zahl der Pflegebedürftigen seit 2017 jährlich um knapp 330.000 steigt. Diese Diskrepanz weckt Spekulationen darüber, ob Lauterbach die Zahlen absichtlich falsch darstellte, um den fehlenden Fortschritt der Ampelkoalition bei der Pflegeproblematik zu rechtfertigen.
Die wachsende Herausforderung
Der Bericht der Bundesregierung zur „Zukunftssicheren Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung“, der heute im Kabinett diskutiert wird, beschreibt die Herausforderungen ausführlich. Mit dem Anstieg der Babyboomer-Generation in den Pflegebedarf wird der Druck auf die Pflegeversicherung weiter steigen. Ohne Beitragserhöhungen oder eine Anpassung der Leistungen drohen erhebliche Finanzierungslücken. Die Gesamtausgaben der Pflegeversicherung betrugen 2023 knapp 60 Milliarden Euro, und die Eigenanteile der Pflegebedürftigen steigen stetig. Ein Pflegeheimplatz kostete im ersten Jahr durchschnittlich 2.600 Euro pro Monat.
Vier mögliche Modelle zur Pflegefinanzierung
Der Bericht stellt vier Modelle für ein zukünftiges Pflegesystem vor:
- Status quo: Die soziale Pflegeversicherung übernimmt weiterhin nur einen Teil der Kosten, ergänzt durch freiwillige private Vorsorge.
- Verpflichtende private Vorsorge: Versicherte müssen ergänzend privat vorsorgen
- Erweiterte soziale Pflegeversicherung: Die Versicherung übernimmt mehr Kosten, die Eigenanteile der Pflegebedürftigen werden reduziert.
- Vollversicherung: Die soziale Pflegeversicherung deckt alle Pflegekosten ab.
Uneinigkeit in der Ampelkoalition
Die Bundesregierung konnte sich bisher auf keinen Weg einigen. Während die FDP für mehr private Vorsorge plädiert, bevorzugen SPD und Grüne eine stärkere Unterstützung durch Steuermittel. Auch die Zusammenführung der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung wird diskutiert. Kanzler Olaf Scholz zeigte sich jedoch zuversichtlich und betonte die Notwendigkeit, schnell eine Lösung zu finden.
Forderung nach raschen Maßnahmen
Pflegeexperte Heinz Rothgang kritisierte die bisherige Untätigkeit der Regierung scharf und forderte ein sofortiges Handeln. Laut Rothgang wäre es ein „Politikversagen“, das Problem weiterhin zu ignorieren. Kanzler Scholz versprach, dass die Regierung umgehend Konsequenzen aus dem Bericht ziehen werde. Wie dies trotz der Differenzen in der Koalition erreicht werden soll, bleibt jedoch offen.
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